Als Sportgerät, nicht als Waffe betrachten Sportschützen ihr Gewehr. | Foto: Michelle Erlich

Gymnasium Hohenbaden

Schützenverein – gefährlicher Nährboden für jugendliche Gewalt?

Luft anhalten, nicht bewegen, das ist das Wichtigste, und – Schuss! Jetzt langsam wieder den Abzug loslassen. Es kann kein besseres Gefühl geben als einen roten Punkt auf dem Anzeige-Tablet zu sehen, denn es bedeutet eine glatte Zehn und genau in die Mitte getroffen zu haben.

Wie jeden Donnerstag bin ich im Schützenverein, der extra kühl gehalten wird, da kalte Luft dabei hilft, mehr Sauerstoff einzuatmen, und somit die Konzentrationsfähigkeit steigert. Auf den Stand muss man insbesondere achten, um mehr Treffsicherheit zu bekommen. Unsere Trainerin gibt uns immer Hilfestellung und kontrolliert, dass alle alles richtig machen. Nach einer Stunde müssen wir unsere Gewehre sorgfältig einpacken und zurückstellen. So läuft eine gewöhnliche Übungsstunde im Schützenverein ab. Wie bei jedem anderen Sportverein auch geht es ums Üben und um die Erweiterung der eigenen Fähigkeiten.  Um das Image meines Hobbys machte ich mir keine Gedanken, bis ich dem Vorwurf begegnete, dass Gewehre und Schießsport ein gefährlicher Nährboden für jugendliche Gewalt sei. Doch ist dem wirklich so?

Um für mich diese Frage beantworten zu können, wandte ich mich mit meiner Frage an die Vereine selbst. Dafür nahm ich Kontakt zu fünf Schützenvereinen in der Region Baden-Baden auf und fragte sie nach einer Stellungnahme. Für mich kam es unerwartet, wie zurückhaltend die Vereine diesem Thema gegenüberstanden. Von fünf Vereinen erklärte sich lediglich einer bereit, mir mit der Recherche nach relevanten Informationen zu helfen. Daher blieb die Frage unbeantwortet, warum das zivile Führen von Waffen nicht verboten wird, um die Kriminalität in Schranken zu halten.

Schießsport hat eine lange Tradition

Laut historisch-systematischen Untersuchungen über Waffenbesitz in Deutschland ist der Schießsport in der deutschen Mentalität verankert. „Das Recht, Waffen zu tragen, (…), zählte der Altwürttemberger jedenfalls zu seinen vornehmsten Grundrechten, (…).“ So ist die Tradition des Schießsports geblieben, wobei das Gewehr des Vaters den Kindern immer noch als Erbe überreicht wird.  Diese Tradition kann man mit den Wintersportarten vergleichen, wo potenziell gefährliche Sportutensilien verwendet werden und trotzdem nicht verboten werden, weil diese einer bestimmten Sporttradition angehören. Somit hat der Schießsport die gleiche Daseinsberechtigung wie auch andere Sportarten.

Laut einer Studie zur Bildungsarbeit des DSB von Andreas Petko gab es kein Waffenverbot, weil aus der Sicht der Schützen, dies keine sinnvolle Maßnahme zur Kriminalitätsabwehr darstellen würde, sondern in erster Linie ein andauernder Ausdruck des Misstrauens und der Verdächtigung seitens der Politik abbilden würde: „( …) dabei seien nur 0,013 Prozent aller Straftaten mit legalen Waffen verübt worden.“ Hier sieht man, dass es keinen Unterschied machen würde, ob es ein Waffenverbot für Zivilisten in Schützenvereinen gäbe. Mehr noch – ein Verbot könnte zu mehr Hass und Vorurteilen führen.

Schlussendlich muss ich sagen, dass ich mich der Meinung anschließe, dass die meisten Kritikpunkte des Schießsports auf Vorurteilen basieren. Als Jugendliche und Mitglied eines Schützenvereins muss ich sagen, dass die meisten Abneigungen gegenüber Schützenvereinen auf Grund von mangelnder Information entstehen. Uns wird von Anfang an klar gemacht, dass dies keine Waffen, sondern Sportgeräte sind. Ich liebe die Tradition, an bestimmten Tagen zum Schützenverein zu fahren und mich dort zu entspannen und abzulenken.  Ich liebe auch mein Gewehr und sehe es nicht als Waffe an, sondern als ein schönes Werkzeug, um innere Ruhe und Konzentration zu erlangen. Also ist mein Fazit – Nein! Der Schützenverein ist ein Sportverein wie jeder andere und daher kein gefährlicher Nährboden für Jugendliche, wohl eher genau das Gegenteil.

Ein Meinungsbeitrag von Michelle Erlich | Klasse 9a
Gymnasium Hohenbaden, Baden-Baden