Christine Wimbauer ist Professorin für Soziologie und Geschlechterforschung an der Humboldt-Universität Berlin und forscht schon seit mehreren Jahren zum Thema Liebe und Paarbeziehungen sowie deren Veränderungen im Wandel der Zeit. So auch in einer Studie Anfang 2021 über das Thema „Co-Parenting und die Zukunft der Liebe. Über post-romantische Elternschaft“. Manch einer schaut hier möglicherweise fragend oder zweifelnd drein.
Immer mehr Familienmodelle kommen ins allgemeine Bewusstsein, ob traditionelle, Patchwork- oder Regenbogenfamilie. Doch zu einem der weniger bekannten zählt wohl die Co-Elternschaft. Aus den USA stammend gewinnt das Modell laut Studie immer weiter an Beliebtheit und ist längst auch in Deutschland angekommen.
Die Co-Elternschaft, auch Co-Parenting genannt, ermöglicht Menschen mit Kinderwunsch, freundschaftlich, ohne eine romantische Beziehung, zusammen ein Kind zu erziehen, irrelevant, ob zu zweit, dritt oder in der Gruppe.
Co-Elternschaft bietet Vorteile gegenüber traditionellen Familienmodellen
Interessierte Personen, für die etwa ein gängiges Familienkonzept nicht zu bewerkstelligen ist, beispielsweise aufgrund einer gleichgeschlechtlichen Ehe, können sich auf Internetseiten wie „Co-Eltern.de“ oder „Familyship“ kennenlernen.
Da bietet die Co-Elternschaft mindestens einen erheblichen Vorteil gegenüber der traditionellen „Mutter-Vater-Kind-Familie“. Ohne Liebesbeziehung liegt der Fokus der Eltern auf der Erziehung der Kinder, weshalb sie meist einen respektvollen Umgang miteinander pflegen, sodass Streitigkeiten auf einer deutlich sachlicheren Ebene diskutiert werden. Inwiefern sich dies auf das Konfliktverhalten der Kinder auswirkt, ist bisher unerforscht.
Mütter bleiben laut Studie mehr für Kinder zuständig
Deutschland hinkt rechtlich gesehen jedoch hinterher. Da nur maximal zwei Personen über das Sorge- sowie Aufenthaltsrecht der Kinder verfügen dürfen, muss mindestens ein Elternteil ab einer Erziehung zu dritt auf dieses verzichten. Sowohl Elterngespräche in der Schule als auch der Besuch bei Kinderärzten erweisen sich somit als Schwierigkeit.
Statt durch das neue Modell die Aufteilung der Sorgearbeit zu verstärken, bleibt aber weiterhin meist die Mutter mehr für die Kinder zuständig, wie Wimbauer herausfand. „Das ist auch nicht so verwunderlich, denn all diese Familienkonstellationen leben ja in unserer Gesellschaft, und diese ist nach wie vor heteronormativ und geschlechterdifferenziert organisiert“, meinte sie in einem Interview mit der Tageszeitung (taz) Anfang 2021. Für sie steht allerdings fest: „Alle Familien sind richtig. Grundsätzlich habe ich beobachtet, dass es Familien besser geht, wenn sie nicht zu hohe Ansprüche an die Liebe zwischen den Eltern haben.“
Co-Eltern hätten laut Wimbauer in der taz bisweilen einen gewissen Liebes-Realismus. „Sie erwarten nicht überzogen viel von den anderen Eltern. Sie vergewissern sich, worum es im Kern geht: Zuverlässigkeit, Dauerhaftigkeit, Füreinander-Dasein. Sie sind manchmal einfach ein bisschen unaufgeregter.“
Hannah Gerber, Windeck-Gymnasium Bühl, Klasse 9c